Das Werk eines Künstlers spricht für sich selbst. Allerdings fühlt der Kunstschaffende sich und seine Arbeit nicht selten unverstanden beziehungsweise missverstanden. Oft besteht die misstrauische Befangenheit dem Neuen und Fremden gegenüber weit über den Tod des Künstlers hinaus.
Es bedarf also offensichtlich einer Verständnisbrücke, die dem Kunst- und Kulturinteressierten den Zugang zum Werk erleichtert, wenn nicht überhaupt erst ermöglicht. So sperrig, unwegsam und unergründlich das kreative Gelände des künstlerischen Bauherrn auch auf den ersten Blick erscheinen möge, gibt es doch Wege, die hindurchführen und Eindrücke, welche die Sichtweise verändern und das Wesentliche erkennen lassen. Ab diesem Augenblick wird die Erkundung des Fremden zu einem Abenteuer, auf das man sich gern einlässt.
Die Brücke, die wir mit unserer Edition Künstler im Gespräch bauen möchten, ist der Zugang zum Menschen hinter dem Kunstwerk, im Spannungsfeld zu seinen Lebensumständen, der politischen Situation, seiner Familie, seiner körperlichen und geistig-seelischen Verfassung und der Zeit, in der er lebt bzw. lebte.
Diese gemeinsame Schnittmenge des Menschseins verbindet uns mit dem Künstler, ist eine Brücke zu seinem Werk, und kann zu dessen Verständnis wesentlich beitragen, indem es uns durch die Schleuse des Vertrauten zum Unvertrauten führt.
Über den Inhalt:
Anfang der neunziger Jahre wurde Henzes Schaffen von der Arbeit am Requiem bestimmt – einem seiner späteren, abendfüllenden Hauptwerke, das dem Andenken an Michael Vyner, dem früheren Direktor der London Sinfonietta, gewidmet ist. Auch der Tod ist für Henze eine Sache des Lebens. „Das Paradies ist hier, oder sollte es sein, nicht nachher, wo nichts mehr kommt”, ist sein Bild von einer besseren Welt. So erscheint es nur folgerichtig, dass der Zyklus mit einem Hymnus an das Leben schließt. Das klangliche Wunder dieser erklärten diesseitigen Komposition besteht jedoch in einer Farben- und Klangvielfalt, die einem Zaubergarten von Sehnsüchten und Erlösungsmotiven gleicht – scheinbar nicht von dieser Welt, jedenfalls nicht für den Hörer, der noch an eine Erlösung glaubt.
Kombiniert wird die Aufnahme des Henze-Requiems mit ca. 92 Minuten umfassenden Gesprächen über Beruf und Privatleben, die Mirjam Wiesemann mit Hans Werner Henze sowie Michael Kerstan im August 2010 in Henzes Haus in Marino bei Rom geführt hat.
Nicht nur Henzes Worte erzählten eine Geschichte, auch der Ausdruck eines mit Gedanken angefüllten Schweigens, eine schelmische Belustigung oder leichte Verärgerung, die Art und Weise, wie er die Beantwortung einer Frage ablehnt oder besonders ausführlich gestaltet, die Geräusche der Handwerker, die an jenem späten Vormittag an den Fenstern in Henzes Wohnzimmer arbeiteten, wo das Gespräch stattfand, Zikaden, die sich ab der Mittagszeit bemerkbar machten, hin und wieder auch Henzes englische Windhunde Aristeo und Belmonte, besonders auch während des Gesprächs mit Michael Kerstan, das Mirjam Wiesemann in dessen Arbeitszimmer, unter Henzes schönen Aquarellen sitzend, am selben Tag mit ihm führte.
Diese Geräusche sowie die persönlichen Besonderheiten der Stimmen und Stimmungen innerhalb der Gespräche sind wichtige ästhetische Bestandteile des Henze´schen Lebens und der Edition Künstler im Gespräch von Cybele Records, die zusätzlich zu den Inhalten frische Farben zeichnen, welche dem Bild, das man sich von Hans Werner Henze gemacht haben könnte, neue Akzente verleihen und vielleicht sogar bislang unentdeckte Hauptmotive hervorheben.
Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man neue Landschaften sucht, sondern dass man mit neuen Augen sieht. (Marcel Proust)
(Mirjam Wiesemann)
Edition Künstler im Gespräch Vol. 3 - Beruf und Privatleben
Ich wollte etwas schreiben, das schöner ist als das Leben. (H. W. Henze)
SACD 1, Track 1-9: Reinhold Friedrich (Trompete) - Dimitri Vassilakis (Klavier) -
Bochumer Symphoniker - Steven Sloane (Dirigent)
SACD 2, Track 1-31: Mirjam Wiesemann, Hans Werner Henze (Sprecher)
SACD 3, Track 1–21: Mirjam Wiesemann, Michael Kerstan (Sprecher)
Recording Producer: Ingo Schmidt-Lucas
Gesamtspielzeiten: 67:24 (SACD 1) / 49:19 (SACD 2) / 42:19 (SACD 3)
Best.Nr.: Cybele 3SACD KiG 003
ISBN: 978-3-937794-10-5
Begleitheft-Sprachen: Deutsch, Englisch (76 Seiten Umfang mit Digipak)
Eine Kooperation der Bochumer Symphoniker, der Philharmonie Essen und der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 für „Das Henze-Projekt. Neue Musik für eine Metropole“
Deutscher Hörbuchpreis 2011 (Kategorie Beste verlegerische Leistung)
Die Edition Künstler im Gespräch ist eine Abenteuerreise... (-> weiterlesen)
www.musicweb-international.com - Recording of the Month (Februar 2011)
..."make you want to return to the start as soon as the applause dies away.”... (Mark Sealey)
(-> weiterlesen)
www.resmusica.com - ResMusica La Clef Award (10. Oktober 2010):
..."Le soin éditorial Cybele additionne à cette lecture, superbement captée, 2 disques complets d’entretiens (en allemand) avec le compositeur et un livret de présentation exhaustif et très richement illustré. “... (Pierre-Jean Tribot) (-> weiterlesen)
International Classical Music Awards (ICMA) - Nominierung 2011